„Es ist vollbracht“ | nikolaushueck blog

„Es ist vollbracht“

Meditation am Karfreitag 2014

Eintrag vom

Ja, wahrhaftig, es war vollbracht. Man rieb sich die Hände. Die ihn ans Kreuz gebracht hatten – deren Plan war aufgegangen. Er, das große Ärgernis für die selbstgerecht Frommen seiner Zeit – aller Zeiten – er war nicht mehr. Endgültig nicht mehr.

Die Mörder triumphierten.
Sie waren letztlich doch Sieger geblieben, dachten sie.
Sie hatten sich gegen diesen Mann aus Galiläa
und sein Häuflein Anhänger durchgesetzt.
Hatten ihn vernichtet.
Jetzt hing er am Kreuz,
konnte nur noch stammeln,
um etwas zu Trinken bitten.
Hatte keine Kraft mehr, dem Tod etwas entgegenzusetzen.
Konnte nur noch sterben.
Es war vollbracht.

Aber: Nicht seine Gegner sagen dieses Wort.
Er selbst sagt es. Schreit es, stammelt es, flüstert es, wie wissen es nicht.
„Es ist vollbracht“.
Im Augenblick der tiefsten Niederlage
Ist er zum Ausdruck des höchsten Gottvertrauens fähig:
Nicht der Plan der Menschen ist aufgegangen,
nicht der Mordplan seiner Verfolger.
Sondern der Heilsplan Gottes.
Was für die Menschen wie das katastrophale Ende aussieht,
ist für Gott das Ziel, die Vollendung eines Lebensweges.
Dieses Lebensweges.

Das Leben dieses Mannes Jesus endet hier.
Es ist nicht wie im Film, wo im Moment äußerster Gefahr doch noch die Rettung kommt.
Wenn der Zuschauer meint, jetzt kann niemand mehr etwas für den Helden tun,
dann kommt die Kavallerie
und wendet in der buchstäblich letzten Sekunde
das scheinbar Unabwendbare doch noch ab.
Helden sterben doch nicht.

Aber Jesus ist kein solcher Held.
Sein Körper ist schwach.
Die Kreuzesfolter hat grausame Spuren an ihm hinterlassen.
Es ist nicht mehr viel Leben in diesem Körper.
Dieses Leben, das so stark mit Gott verbunden war,
dieses Leben, das so viele Menschen heil gemacht hat
dieses Leben, das so überzeugend von der Liebe gesprochen hat,
dieses Leben verlöscht.
Und es verlöscht ganz und gar und wirklich.

Aber selbst im Verlöschen ist das Vertrauen auf den Vater spürbar.
Ganz zum Schluss, nach Momenten des höchsten Zweifels,
ganz zum Schluss bricht sich das Vertrauen auf die Liebe des Vaters noch einmal Bahn.
Dieses Vertrauen haben die Schmerzen nicht zu Schweigen bringen können.

„Es ist vollbracht“
Vollbracht ist, was Jesus im Gespräch mit Nikodemus so ausgedrückt hat: „Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“

Es ist die Liebe Gottes,
die auch noch in diesem letzten Wort Jesu aufscheint.
Sie scheint auf die Gesichter der Umstehenden.
Auf die Gesichter der Henker, der gaffenden Menge,
aber auch auf die Gesichter der Verängstigten,
derjenigen, die dieses Ende nicht wahrhaben wollen.

Es ist eine Liebe, die sie nicht begreifen können.
Die ihnen Angst macht.
Den Feinden wie den Freunden.
Eine Liebe, die dieser sterbende Mensch weitergegeben hat,
die nicht von ihm selbst kommt,
sondern die der Vater ihm geschenkt hat.
Und in ihm uns.

Diese Liebe taucht die finstere Szene auf dem Hügel Golgatha
in ein helles Licht.
Ein Licht freilich, das man nicht sehen kann.
Noch nicht.
„Es ist vollbracht“ –

Noch merkt es niemand.
Noch haben die Mörder die Oberhand.
Aber Jesus weiß es und spricht es aus:
Sein Leben ist an sein Ziel gekommen.
Ein Ziel, das viel weiter geht als dieser Tag seiner Kreuzigung.

Am Kreuz hängt ein Liebender.
Einer, der für die Menschen alles gibt.
Der sich aufopfert für uns.
Damit wir es endlich einsehen, dass Gott die Liebe ist.
Eine Liebe, die wir Menschen uns nicht gefallen lassen wollen.
Eine Liebe, der wir widerstehen,
gegen die wir uns stemmen.
Es ist so schwer, sich eine grundlose Liebe gefallen zu lassen.

Deswegen haben sie ihn umgebracht.
Und aus Liebe hat er sich kreuzigen lassen.
Er hofft immer noch, dass wir begreifen:
Die Welt wird nicht von denen gerettet,
die stark sind und wissen, wie man sich durchsetzt.
Gerettet wird die Welt von der Liebe, die sich schwach macht um der anderen willen.

Noch sehen wir das nicht.
Noch sehen wir, wie die Starken sich durchsetzen und die Schwachen darunter leiden.
Aber: So wie in Jesu Sterben Gottes Liebe zum Ziel gekommen ist,
so wir auch unsere Welt einmal zu ihrem Ziel kommen.
Und die Leiden werden ein Ende haben.

Amen.