Der neue Himmel und die neue Erde | nikolaushueck blog

Der neue Himmel und die neue Erde

Predigt zu Offb. 21,1-7

Eintrag vom

Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde;
denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen,
und das Meer ist nicht mehr.
Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem,
von Gott aus dem Himmel herabkommen,
bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann.

Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach:
Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen!
Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden seine Völker sein,
und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein;
und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen,
und der Tod wird nicht mehr sein,
noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein;
denn das Erste ist vergangen.

Und der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu!
Und er spricht: Schreibe, denn diese Worte sind wahrhaftig und gewiss!
Und er sprach zu mir: Es ist geschehen.
Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende.
Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst.
Wer überwindet, der wird dies ererben,
und ich werde sein Gott sein und er wird mein Sohn sein.

Ich gestehe Ihnen etwas:
Das ist, soweit ich mich erinnern kann, das erste Mal, dass ich über einen Text aus der Offenbarung des Johannes predige.
Die Offenbarung kommt in unseren Predigtplänen sowieso nicht oft vor. Und wenn, dann habe ich einen möglichst großen Bogen darum gemacht.

Mir war dieser Text einfach zu fremd.
Und irgendwie hat er nie wirklich mit mir gesprochen, wenn ich ihn im Studium gelesen habe.

Ja, es wimmelt in der Offenbarung nur so von starken Bildern.
Von Symbolen und Zahlen, die alle irgendeine Bedeutung haben.
Aber ich finde das meist ziemlich mühsam, mich durch diesen Wust an Bedeutungen durchzukämpfen.
Wahrscheinlich müsste man, um daran Spaß zu haben,
Tom Hanks sein als Professor Langdon in Illuminati.

So viele Bücher und so viele Filme und so viele Computerspiele
knüpfen an Bilder und Symbole aus der Offenbarung des Johannes an.
So viele Menschen lassen sich faszinieren von Endzeitgedanken:
Von finsteren Mächten, die diese Welt vernichten wollen.
Vom letzten Kampf zwischen Gut und Böse.
Von der Apokalypse, die unsere Erde bedroht.

Manchmal beschwören solche Visionen nur ein wohliges Gruseln herauf.
Und manchmal nackte Angst.

Und diese Angst kann man ausnutzen.
Donald Trump hat vorausgesagt, dass die Apokalypse über Amerika hereinbricht, wenn sein Gegner Präsident wird.
Und viele seiner Anhänger haben ihm das geglaubt.
Nicht wenige von ihnen sind evangelikale Christen.
Und nicht wenige sind empfänglich für solche Bilder des Endkampfes.
So richtig warm bin ich eben nie geworden mit der Offenbarung des Johannes.

Und dann lese ich diesen Predigttext.
Und finde ihn wunderschön.
Er hat so gar nichts mit dem allen zu tun, was ich gerade beschrieben habe.
Kein wohliges Gruseln.
Erst recht keine Angst.
Im Gegenteil:
Was wir hören ist voller Trost und voller Hoffnung.

Ja, man muss sich erst durch einen Berg an Bildern und Symbolen hindurchwühlen.
[Für den Augsburger im Jahr 2020 ist nicht mehr sofort verständlich,
was es bedeutet, wenn das Meer aufhört zu sein.
Oder das Neue Jerusalem aus dem Himmel auf die Erde herabkommt.
Wenn dieses Neue Jerusalem geschmückt ist wie eine Braut für ihren Mann.
Wenn Gott sich eine Hütte bei den Menschen baut.

Alles das soll ja nur darauf hinweisen,
wie grundstürzend die Neue Schöpfung Gottes sein wird.
Wie wenig sie mit dem Alten zu tun hat, das wir kennen.
Und wie schön und herrlich es sein wird,
wenn Gott den Menschen so nahe kommt,
wie wir es uns kaum vorstellen können.]

Aber es sind nicht die Bilder, die zählen.
Es ist die Hoffnung, die in allen diesen Bildern gespeichert ist.
Eine große Hoffnung von Menschen in einer schwierigen Zeit.

Und wenn man sich nicht mehr an einzelnen unverständlichen Bildern festbeißt, dann leuchtet dieser Text und sagt:
Es gibt nicht nur diesen Himmel, den wir kennen
und der im November meistens grau und regnerisch ist.
Sondern es wird einen neuen Himmel geben,
strahlender als wir ihn uns vorstellen können.
Und er wird sich über einer Erde spannen, auf der Frieden herrscht.

Am Ende der Welt, am Ende unseres Lebens ist nicht Kampf und Chaos.
Am Ende steht Gott, der bei den Menschen wohnt.
Ganz am Ende steht Gott, der allen Schmerz und alles Leid beendet.
Er hört die Schreie der Kranken, der Armen, der Hungernden, der Sterbenden und er ist bei ihnen.
Er hält sie in seinen Armen, so dass sie nicht mehr schreien müssen.

Gott wird ihnen allen - er wird uns allen unsere Tränen abwischen.
Kann man sich ein zärtlicheres Bild von Gott vorstellen.
Eine größere Hoffnung als die, dass Gott zärtlich zu uns sein wird?

Das ist es, was die Offenbarung des Johannes uns sagen will:
Dass Gott, der Schöpfer des Himmels und der Erde -
dass Gott seine Schöpfung nicht im Stich lassen wird.
Er wird bei uns bleiben.
Bei seiner Welt und seinen Menschen.
Bei jedem einzelnen von uns wird er bleiben.
Und das ist gut und tröstlich.

Mancher mag das für naiv halten.
Mancher mag sagen, das sei weltfremd.
Schau auf das Leid, schau auf die Krankheiten, schau auf die Kriege in dieser Welt -
wie kannst Du da so leichtfertig von einem neuen Himmel und einer neuen Erde reden?
Nimmst Du die Trauer der Menschen ernst, wenn Du so schnell von Hoffnung sprichst?
Das sind schon Fragen, die wir uns stellen lassen müssen.

Ich glaube aber:
Die Offenbarung oder unser Predigttext,
sie sind kein schneller Trost für das Leid auf der Welt.

"Alles nicht so schlimm - am Ende geht es gut aus",
das ist nicht der christliche Glaube.
Das ist die Karikatur des christlichen Glaubens.
Unsere Hoffnung auf Gott ist kein Trostpflaster, das schnell wirkt.

Unsere Hoffnung auf Gott ist der helle Streifen am manchmal sehr dunklen Horizont.
Und diesen hellen Streifen brauchen wir dringend.

Ich will ganz einfach nicht glauben, dass alles immer so weitergehen muss auf dieser Welt.
Das Leid, die Krankheit, der Tod, als ob das etwas Endgültiges wäre.

Ich will nicht an den Tod glauben müssen.
Ich will an Gott glauben.

An Gott, der etwas anderes vorhat mit dieser Welt und für diese Welt.
An Gott, der nicht das Leid, den Schmerz, den Krieg und den Hass will, sondern Frieden.
Der nicht den Tod will, sondern das Leben.
Der unsere Tränen abwischt, wenn wir um unsere Lieben weinen.

Und ich will mich nicht von den so genannten Realisten überzeugen lassen.
Von denen, die sagen: Die Welt ist halt so, wie sie ist.
Von denen, die über meine Hoffnung nur milde lächeln.

Nein, die Welt ist nicht einfach wie sie ist.
Sie ist von Gott gut geschaffen.
Und dort, wo sie nicht gut ist, wird er sie neu schaffen.
Das will ich glauben. Das will ich hoffen.
Und das lässt mich leben.

Der Tod ist kein Argument gegen das Leben.
Der Tod ist kein Argument dagegen,
dass jedes einzelne Menschenleben unendlich wertvoll und sinnvoll ist.
Der Tod ist kein Argument dagegen,
dass jeder Mensch eine Zukunft bei Gott hat.
Und dass auch unsere Welt eine Zukunft hat, die Gott ihr geben wird.

Der Tod ist kein Argument gegen die Hoffnung.
Im Gegenteil: Gerade weil wir sterben müssen,
weil wir trauern, weil wir Schmerz empfinden,
brauchen wir die Hoffnung, um jetzt leben zu können.

Viele von uns haben in diesem Jahr einen lieben Menschen verloren.
Haben miterlebt, wie jemand den Kampf um sein Leben verloren hat.
Oder wie jemand vielleicht auch ganz friedlich gehen konnte.
Niemand muss uns erzählen, dass es Leid und Schmerz und Tod auf dieser Welt gibt.
Die gibt es und die leugnet niemand.
Und trotzdem bleibt diese letzte Hoffnung auf Gott.

Es tut unendlich gut, davon zu hören,
dass es nicht bei diesem Leid und bei diesen Schmerzen bleiben wird.
Nicht bei der Trauer und nicht bei den Tränen.
Gott wird sich um uns kümmern.
Er verspricht uns:
Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst.
Wer überwindet, der wird dies ererben,
und ich werde sein Gott sein und er wird mein Sohn (und natürlich sie meine Tochter) sein.

Amen.