Arbeiten am Fundament | nikolaushueck blog

Arbeiten am Fundament

Predigt zu Mt 7,24-27

Eintrag vom

Jesus sprach: Wer diese meine Rede hört und tut sie,
der gleicht einem klugen Mann, der sein Haus auf Fels baute.
Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen und die Winde wehten und stießen an das Haus, fiel es doch nicht ein; denn es war auf Fels gegründet.
Und wer diese meine Rede hört und tut sie nicht,
der gleicht einem törichten Mann, der sein Haus auf Sand baute.
Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen und die Winde wehten und stießen an das Haus, da fiel es ein und sein Fall war groß.

Die Bilder aus den Hochwassergebieten in Deutschland haben wir alle im Kopf.
Schlammlawinen und riesige Krater dort, wo früher einmal Dörfer waren.
Häuser, weggerissen von den Fluten.
Nur noch ein paar Mauerreste sind stehengeblieben.
Menschen, die um Angehörige weinen.
Anwohner von eigentlich ganz kleinen und harmlosen Bächen,
die jetzt in Bergen von Schlamm und Müll waten.
Die in Gummistiefeln darum kämpfen,
irgendwie wieder festen Grund unter den Füßen zu bekommen.
Furchtbare Bilder, die einen bis in den Schlaf verfolgen können.

Ich frage mich, wie man in den betroffenen Orten heute Gottesdienst feiert.
Ob das überhaupt geht.
Und ob dann auch dort über den törichten Mann gepredigt wird, der sein Haus dorthin gebaut hat, wo es das Wasser mitreißen kann und einstürzen lässt.

Für die, die die Trümmer ihrer Häuser und Wohnungen wegräumen, kann sich das leicht wie blanker Zynismus anhören.
Erst haben sie alles verloren.
Und nun heißt es auch noch, sie seien töricht gewesen
und also irgendwie selbst schuld.

Nein, so hat das Jesus ganz sicher nicht gemeint.
Die, die in Not sind - die hat Jesus getröstet.
Und sie nicht noch mehr in den Dreck gezogen.
Die, die seine Hilfe gebraucht haben, denen hat er geholfen.
Und nicht ihre Not ausgenützt, um seine Botschaft an den Mann oder die Frau zu bringen.

„Wer meine Worte hört und dann danach handelt,
der ist wie ein kluger Mann, der sein Haus auf Fels baut“.

Jesus malt ein Bild vor die Augen seiner Zuhörer.
Einen Hausbau, sagt er, macht man nicht einfach mal so nebenbei.
Man überlegt, plant, prüft, man lässt sich beraten von Experten.
Und erst wenn alles stimmt, dann fängt man an.

Klar: die Fassade ist wichtig. Sie gibt dem Haus ein Gesicht.
Sie sagt etwas über die Bauherren. Protzig oder bescheiden. Traditionell oder modern.

Aber noch wichtiger als die Fassade ist das Fundament.
Das Fundament muss stimmen, sonst stürzt das Haus ein.
Beim ersten Hochwasser kann es weggespült werden.
Und so sorgfältig wie ihr das Fundament für ein Haus wählen würdet, sagt Jesus, so sorgfältig sollt Ihr auch das Fundament Eures Lebens wählen.
Auch in Eurem Leben kommt es nicht auf die Fassade an.
Sondern auf das Fundament.
Auf das, was Euch Halt gibt, wenn um Euch herum alles zusammenbricht.
Auf das, worauf Ihr Euch verlassen könnt, wenn Ihr sonst von allem verlassen seid.

Soweit ist das Gleichnis leicht zu verstehen.
Aber dann stellt sich schnell die Frage:
Worin soll es denn nun bestehen, das Fundament meines Lebens?
Was ist es denn nun genau, das mir Halt gibt?

Jesus sagt: „Wer meine Worte hört und dann danach handelt,
der ist wie ein kluger Mann, der sein Haus auf Fels baut“.
Das, was unser Fundament sein soll, das sind die Worte, die wir von Jesus kennen.
Nicht irgendwelche Worte, sondern ganz bestimmte Worte.

Denn Jesus sagt das mit dem Fundament nicht irgendwann -
sondern er sagt das als Abschluss seiner Bergpredigt.
Er sagt das also, nachdem er uns seinen Traum erzählt hat.
Seinen Traum von einer Welt, in der die Menschen sogar ihre Feinde lieben.
Seinen Traum von einer Welt, in der die Sanftmütigen gegen die Gewalt siegen.
In der Vergeltung ein Fremdwort ist.
Und in der die Gerechten die Oberhand behalten über die, die ihre Macht missbrauchen.

Das ist nicht irgendein Traum,
sondern es ist der Traum, für den Gott ihn selbst auf die Erde gesandt hat.
Es ist der Traum davon, wie Gott die Menschen gedacht hat.
Aber wie sie noch nicht sind.
Wie wir noch nicht sind.

Und deshalb wirbt Jesus für seinen Traum.
Ganz am Ende der Bergpredigt sagt Jesus sehr deutlich,
dass es nicht nur ums Hören geht.
Es geht nicht nur darum, fromm ergriffen zu sein von seinen Worten.
Denn dann bliebe der Traum nur Traum.
Es geht vor allem darum, dass dieser Traum Wirklichkeit werden soll.
Mit uns. Durch uns.
Und zwar nicht erst im Himmelreich.
Sondern jetzt schon.
Alles das, was Jesus in der Bergpredigt gesagt hat,
das kann bei uns Wirklichkeit werden.
Und es wird dann Wirklichkeit, wenn wir beginnen, danach zu handeln.
Seht her, sagt Jesus: Wenn ihr tut, was ich euch sage, dann verändert ihr etwas.
Vielleicht nicht die ganze Welt auf einmal.
Aber ganz bestimmt euch selbst.
Und die Menschen um Euch herum.
Und dann immer weitere Kreise.

Ihr habt gehört, was ich Euch gesagt habe - und jetzt handelt danach.
Sonst baut ihr auf Sand.

Aber kann ich das alles überhaupt?
Schaffe ich das?
Meine Feinde lieben.
Die linke Backe hinhalten, wenn mir einer auf die rechte schlägt.
Für meine Verfolger beten.
Meinen Schuldigern vergeben.

Muss ich das alles?
Bin ich nur ein richtiger Christ, wenn ich tatsächlich und tagtäglich meine natürlichen Reflexe überwinde?
Bin ich nur dann ein Christ, wenn ich so übermenschlich friedliebend bin;
Wenn ich mich so stark selbst verleugne;
wenn ich so verhalte, wie die Bergpredigt es sagt?
Bin ich wirklich nur Christ, wenn ich vollkommen bin, so wie mein Vater im Himmel vollkommen ist?
Und ansonsten - wenn ich nicht ganz so vollkommen bin,
stürzt dann mein Leben wie ein Kartenhaus zusammen?

Ich glaube ganz fest daran, dass Jesus nichts von uns verlangt, was uns unmöglich ist.
Ich glaube auch daran, dass Jesus uns nicht drohen will.
Im Gegenteil:
Jesus will uns frei machen.

Er will uns frei machen davon, dass wir uns ständig um uns selbst sorgen.
Jesus will uns frei machen von dem Gefühl, dass wir nach außen immer Stärke zeigen müssen.
Dass wir uns nur dann stark fühlen, wenn wir uns bei den anderen durchsetzen.
Jesus will uns frei machen von der Angst, dass wir zu kurz kommen könnten.

Nicht Stärke ist das, was zählt, sagt Jesus, sondern Liebe.
Wo ihr liebt - da bewirkt ihr mehr als dort wo ihr kämpft.

Wo ihr euch um den anderen sorgt, da wird euer Leben besser als wenn ihr euch immer nur um euch selbst sorgt.

Die Liebe ist das stärkste Fundament, das ihr Eurem Leben geben könnt.
Die Liebe, die ihr von Gott geschenkt bekommt.
Und die Liebe, die ihr weitergebt.
Eigentlich ist das eins.
Und es ist tatsächlich das stärkste Fundament, das man sich vorstellen kann.

Noch einmal zurück zu der Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz.
Was mich am meisten beeindruckt hat, das waren nicht die Bilder der Zerstörung.
Was mich am meisten beeindruckt hat, das waren die Bilder der Menschen, die geholfen haben.
Einfach so. Ohne Gegenleistung. Ohne auf eine Belohnung zu hoffen.
Es gab Feuerwehrleute, deren eigene Keller zuhause abgesoffen waren. Und die trotzdem ihre Einsätze gefahren sind.

Wahrscheinlich hätten die meisten von ihnen gesagt, sie tun nur ihre Pflicht.
Vielleicht haben sie selbst gar nicht mal so sehr gedacht, dass sie mit ihrem Einsatz die Lebe Gottes weitergeben. Aber ich finde, genau das haben sie getan. Und tun es immer noch.

Ich glaube: Jesus will uns einen Weg, den Weg in ein gelingendes Leben zeigen. Darum geht es in der Bergpredigt.
Und am Ende sagt er, dass sein Traum von einem gelingenden Leben nicht nur Träumerei, sondern Wirklichkeit ist.
Oder besser: Wirklichkeit werden kann, wenn wir mit unserem Glauben und eben auch mit unserem handeln dazu beitragen.
So verstehe ich Jesus an dieser Stelle.
Einen kurzen Gedanken muss ich aber noch hinzufügen:
Niemand von uns hat das Fundament seines Lebens ein für allemal gelegt.
Das Leben ist eine Baustelle - und anders als bei echten Baustellen wird auf dieser Baustelle gerade am Fundament immer weiter gearbeitet, solange wir auf dieser Welt sind.
Manchmal merken wir erst in den Stürmen und Regengüssen, wie stark unser Fundament schon ist und wie viel es schon aushält.
Und manchmal wirft uns etwas so aus der Bahn, dass unser Fundament da für nicht stark genug ist.

Im Zentrum der Bergpredigt steht das Vater Unser.
"Vergib uns unsere Schuld", heißt es darin.
Das ist die Bitte, die mich frei macht.
Die mich immer wieder von vorne anfangen lässt.
Auch wenn das Fundament meines Lebens nicht gehalten hat:
Gott wird mich nicht untergehen lassen in den Stürmen meines Lebens.
Er steht zu mir, wenn ich ihn darum bitte.
Für mich ist das der wichtigste Teil meines Fundaments.

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, Amen.

(Keine Predigt entsteht im luftleeren Raum. Ein paar schöne Anregung für diese Predigt stammen von Anna-Maria Semper)