Seife und Nudeln | nikolaushueck blog

Seife und Nudeln

Meine Predigt zu Joh 6,1-15

Eintrag vom

Jesus ging weg ans andre Ufer des Galiläischen Meeres, das auch See von Tiberias heißt. Und es zog ihm viel Volk nach, weil sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken tat. Jesus aber ging hinauf auf einen Berg und setzte sich dort mit seinen Jüngern. Es war aber kurz vor dem Passa, dem Fest der Juden. Da hob Jesus seine Augen auf und sieht, dass viel Volk zu ihm kommt, und spricht zu Philippus: Wo kaufen wir Brot, damit diese zu essen haben? Das sagte er aber, um ihn zu prüfen; denn er wusste wohl, was er tun wollte. Philippus antwortete ihm: Für zweihundert Silbergroschen Brot ist nicht genug für sie, dass jeder auch nur ein wenig bekomme. Spricht zu ihm einer seiner Jünger, Andreas, der Bruder des Simon Petrus: Es ist ein Knabe hier, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische. Aber was ist das für so viele? Jesus aber sprach: Lasst die Leute sich lagern. Es war aber viel Gras an dem Ort. Da lagerten sich etwa fünftausend Männer. Jesus aber nahm die Brote, dankte und gab sie denen, die sich gelagert hatten; desgleichen auch von den Fischen, so viel sie wollten. Als sie aber satt waren, spricht er zu seinen Jüngern: Sammelt die übrigen Brocken, damit nichts umkommt. Da sammelten sie und füllten zwölf Körbe mit Brocken von den fünf Gerstenbroten, die denen übrig blieben, die gespeist worden waren. Als nun die Menschen das Zeichen sahen, das Jesus tat, sprachen sie: Das ist wahrlich der Prophet, der in die Welt kommen soll. Da Jesus nun merkte, dass sie kommen würden und ihn ergreifen, um ihn zum König zu machen, entwich er wieder auf den Berg, er allein.

Warum kann es nicht immer so sein, wie es uns das Johannesevangelium erzählt?
Egal, wie groß die Menge ist -
Egal, was für Menschen da zusammenkommen -
Egal, wie stark der Hunger vorher nagt:
Alle werden satt.
Niemand muss hungern, es reicht wirklich für jeden.
Und es bleibt sogar noch eine Menge übrig,
als Beweis dafür, wie groß das Wunder ist.
Vielleicht auch als Wegzehrung für den Heimweg.

Für die Bauern, Hirten und Fischer von damals,
immer knapp am Existenzminimum,
muss das ein Vorgeschmack des Paradieses gewesen sein.

Aber halt nur ein Vorgeschmack.
Morgen schon müssen sie wieder um ihren Lebensunterhalten bangen.
Ihre Äcker bestellen und hoffen, dass es genug Regen gibt, damit etwas wächst.
Ihre Netze auswerfen und hoffen, dass sich genug Fische darin verfangen.

Im Alltag bleibt nie etwas übrig, schon gar keine Körbe voll.
Im Gegenteil: Sie müssen sich sorgen, ob sie mit dem wenigen, was sie ernten, ihre Familien über die Runden bringen.

Deshalb die Frage: Kann es denn nicht immer so sein, dass alle genug haben?

Schön wäre es.
Aber eigentlich müssten wir die Frage nicht Jesus oder Gott stellen, sondern zuallererst uns selbst.

Da ist die Sache mit dem Teilen.
Ja, klar, die Geschichte in der Bibel erzählt ein Wunder.
Und so einfach nachmachen können wir es nicht.
Trotzdem: Mindestens ein Teil des Wunders besteht darin, dass Jesus die Menschen dazu bringt, ihre Vorräte zu teilen.
Und ja, das ist wirklich fast ein Wunder.

Denn Menschen teilen nun mal nicht sonderlich gern.
Wohin das führt, haben wir ganz zu Beginn der Coronazeit gesehen.
Einkaufswagenweise haben Menschen Klopapier aus den Supermärkten gefahren.
Und wo noch Platz war, da haben sie Nudeln und Mehl und Seife gestapelt.
Völlig unvernünftig.

Denn knapp waren eigentlich weder Toilettenpapier noch Nudeln noch Mehl noch Seife.
Nur weil plötzlich alle gerafft und gehamstert und gehortet haben -
nur deswegen gab es plötzlich leere Regale in den Supermärkten.

Nur deswegen, weil jeder Angst hatte, nicht genug zu bekommen und nicht genug zu haben,
nur deswegen gab es am Ende wirklich nicht genug für alle.

Ich glaube, noch heute backen Menschen Brot mit dem Mehl, das sie seit damals gehortet haben.

Jesus schafft es, diese Angst zu durchbrechen.
Jesus schafft es, den Leuten Vertrauen zu geben:
Du bekommst genug. Es reicht auch für Dich.

Und plötzlich öffnen sich die Taschen und die Beutel - und jeder holt raus, was er hat.
Nimmt davon nur, was er für sich selbst braucht.
Und den Rest gibt er weiter.
Ja - natürlich erzählt die Bibel ein Wunder.
Aber es ist doch nicht nur ein Wunder der wunderbaren Brotvermehrung,
sondern es ist auch ein Wunder der wunderbaren Angstverminderung:
Jesus schafft es, den Leuten diese ständige Angst zu nehmen, dass sie zu kurz kommen.
Deshalb teilen sie.
Deshalb reicht es für alle.

Ich bin gespannt, wie das wird, wenn im Winter das Gas knapp werden sollte.
Oder andere Dinge, die wir zum Leben brauchen.
Ob wir bereit sind zu teilen.
Dem zu geben, der es nötiger hat als ich.
Oder ob wieder jeder nur auf den eigenen Vorteil schaut,
weil er Angst hat, sonst zu kurz zu kommen.

Aber natürlich geht es in der Geschichte nicht nur darum,
dass wir lernen sollen zu teilen.
So platt moralisch ist die Bibel selten.

Es geht, glaube ich, um eine Lebenseinstellung.
Es geht, glaube ich, um die Frage, wie wir mit schwierigen Situationen umgehen.
Wie wir reagieren, wenn wir vor scheinbar unlösbaren Problemen stehen.

Philippus und Andreas machen es uns vor, wie es nicht geht.
Sie bekommen Panik.
Sie machen das Problem so groß, dass gar nichts mehr geht.
Kaufen können wir nichts, sagt Philippus.
Denn selbst wenn wir 200 Silbergroschen hätten

  • haben wir natürlich nicht -
    wäre das nicht genug, um für die 5000 Menschen hier ausrechend Brot zu kaufen.

Und Andreas denkt genauso: Hier haben wir zwar eine Handvoll Brot und Fisch, aber das ist viel zu wenig, das reicht nicht mal für einen Anfang.

Jetzt könnte man sagen: recht haben sie.
Wie soll man ohne Geld und mit nur fünf Broten und zwei Fischen eine Menschenmenge satt bekommen. Gar nicht. Punkt. Alles andere ist naiv und Traumtänzerei.

Also: Natürlich haben die beiden Recht mit ihrer Skepsis.
Aber besonders hilfreich sind sie auch nicht.
Kein einziges Problem wurde je allein dadurch gelöst,
dass man sich gegenseitig sagt, wie groß und unlösbar es ist.

Aber so sind wir: Nicht nur wenn das Brot aus ist.
Sondern auch bei allen anderen wirklich schwierigen Fragen unseres Lebens:
Wir sind genau wie Philippus und Andreas:
Wir wälzen die Probleme, bis sie so groß sind, dass an eine Lösung gar nicht mehr zu denken ist.
Wir wälzen uns nachts im Bett in und her und grübeln.

Aber grübeln führt nur zu noch mehr grübeln,
Noch kein Problem ist dadurch kleiner geworden,
dass wir uns seinetwegen nachts im Bett gewälzt haben.

Jesus macht etwas anders.
Natürlich sieht er, dass das Brot und die Fische eigentlich nicht reichen können.
Und was macht er?
In unserem Predigttext steht:
Jesus aber nahm die Brote, dankte und gab sie denen, die sich gelagert hatten;
desgleichen auch von den Fischen, so viel sie wollten.

Für mich ist das wichtigste Wort in diesem Satz das Wort "dankte".
Jesus dankt Gott für das, was da ist.
Auch wenn es wenig ist, viel zu wenig.
Aber das Danken verändert die Blickrichtung.
Er schaut nicht nach unten auf die paar Brote und die kümmerlichen Fische vor ihm auf dem Boden.
Was er da sähe, das würde nur frustrieren.

Jesus schaut nach oben, auf Gott.
Er dankt für das, was da ist.
Und genau dadurch ändert sich alles.
Plötzlich reicht es - für alle.

Nocheinmal: Jesus schlägt sich nicht auf die Brust und sagt:
"Hey, ich bin Gottes Sohn - ich kann mit allen Problemen fertig werden, für mich ist kein Fisch zu klein und kein Brot zu wenig, ich krieg sie alle satt."
Das sagt er nicht.
Sondern er dankt Gott für das, was da ist.
Auch wenn es nur wenig ist.

"Wir danken dir Gott für das, was wir haben.
Von Dir, Gott, kommt, was wir zum Leben brauchen.
Dir vertrauen wir, dass Du bei uns bist, auch in den schweren Zeiten.
Du lässt uns nicht allein, auch wenn die Probleme um uns herum so groß werden, dass wir nicht mehr weiter wissen".

So verstehe ich das, was Jesus sagt, wenn er dankt.
Und die Geschichte erzählt, dass dieses Gottvertrauen hilft.
Dass dieses Gottvertrauen Wunder bewirkt.

Darum haben die Menschen diese Geschichte aufgeschrieben.
Weil sie von dem Gottvertrauen erzählen wollten, das Jesus hatte.
Und weil sie sagen wollten:
Auch Dir hilft dieses Gottvertrauen.
Lass dich nicht einsaugen von den Problemen.
Sondern vertraue auf Gott.
Das verändert nicht die Welt.
Aber es verändert Dich.
Amen